FEMM, das EU Parlament, Frau Honeyball und die Freierbestrafung

Der FEMM Ausschuss hat über einen Bericht zu Prostitution und Menschenhandel positiv entschieden. Verfasst wurde dieser Bericht von Frau Honeyball, britische Abgeordnete fürs EU Parlament, und leider erzkonservativ was ihre Einstellung zur Sexarbeit angeht. (Klick für den Bericht)

Dieser Bericht propagiert das schwedische Modell und fordert die Freierbestrafung, mit dem Ziel Prostitution komplett abzuschaffen.

Leider sind die Quellen weder sachlich, noch peer-reviewed, wie 45 Akademiker und Forscher in ihrer Kritik zu diesem Bericht aufzeigen. A Critique of the _Report on Prostitution and Sexual Exploitation and its Impact on Gender Equality_ by Mary Honeyball, MEP

Nichtsdestotrotz wird das EU Parlament am 27. Februar abstimmen, ob der Bericht anerkannt wird.

Ich persönlich finde das alles andere als prickelnd, daher macht es Sinn, den EU Abgeordneten mal ‚Hallo‘ zu sagen und ‚So bitte nicht!‘.

Dazu habe ich einen Text übersetzt, den unsere Kollegen vom ICRSE verfasst haben.

Sende diesen doch auch per Email an die deutschen Abgeordneten des EU Parlamentes.

Hier nun der Text:

 

Sehr geehrte Abgeordnete des Europaparlamentes,

wie Sie wissen, wird am 27. Februar über den Bericht über sexuelle Ausbeutung und Prostitution und deren Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter (2013/2103(INI)) entschieden.
Wir, der Berufsverband für erotische und sexuelle Dienstleitungen (BesD, http://www.sexwork-deutschland.de), Mitglied im ICRSE (International Committee on the Rights of Sex Workers in Europe), unterstützt von 594 NGOs und 45 Forscher_Innen fordern Sie auf GEGEN den Bericht zu stimmen.

Allein in Deutschland unterstützen uns 37 Organisationen zu diesem Thema http://sexwork-deutschland.de/alles/brie…strafung/, ebenso wie der Deutsche Frauenrat:

http://www.frauenrat.de/deutsch/infopool…1b78e.html

Der Ausschuss für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter hat, unter dem Deckmäntelchen des Schutzes der Frauen, für die Unterstützung der Kriminalisierung von Kund_Innen von Sexarbeiter_Innen gestimmt. Diese Richtung wird jedoch dafür sorgen, dass in der Sexarbeit tätige Personen wesentlich gefährlicheren Situationen ausgesetzt sind.
Diese Poltik wendet sich ausdrücklich gegen die Empfehlungen aller Sexarbeiter_Innen-Verbände, hunderter Hilfs- und Gesundheitsinstitutionen, Frauen- und LGBT-Gruppierungen.

Tatsächlich hat die Kriminalisierung der Kund_Innen von Sexarbeiter_Innen sich nicht nur als uneffektiv in der Reduzierung von Prostitution erwiesen (selbiges gilt für den Menschenhandel), es hat auch nachweislich die Gefährdung der Sexarbeiter_Innen erhöht.
Entgegen der Behauptung von Frau Honeyball wird dies auch über kurz oder lang zu einer Kriminalisierung von Sexarbeiter_Innen führen.

Ein aktueller Polizeibericht aus Schweden stellt fest: „2009 hat das National Bureau of Investigation die Anzahl der Thaimassagestudios, die sexuelle Dienstleitsungen abieten, in und um Stockholm auf ca. 90 geschätzt. Zum Jahreswechsel 2011/2012 wurde die Zahl der sich in und um Stockholm befindlichen Massagestudios auf 250, schwedenweit auf 450, geschätzt“(1). Diese Zahlen sind ein eindeutiges Anzeichen dafür, dass das schwedische Modell in seiner Hauptabsicht versagt hat.

In Norwegen wurde der Erwerb sexueller Dienstleistungen 2009 unter Strafe gestellt. Pro-Sentret, Oslo´s offizielles Hilfszentrum für Sexarbeiter_Innen veröffentlichte eine Studie mit 123 aktiven Sexarbeiter_Innen, die deutlich zeigt, dass Sexarbeiter_Innen weniger
Unterstützung und Hilfe bei der Polizei suchen. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass sie sich mit einer wesentlich erhöhten gesellschaftlichen Ächtung konfrontiert sehen und der Ansicht sind, sie machen sich selbst strafbar.(2)

Eine Vielzahl von Organisationen die mit Opfern von Menschenhandel oder Sexarbeiter_Innen mit Migrationshintergrund arbeiten, verurteilen den Bericht von Frau Honeyball ebenso wie die Vermischung von Menschenhandel und Sexarbeit. Wir möchten die Abgeordneten ebenfalls daran erinnern, dass es bis dato keinerlei Beweise dafür gibt, dass legalisierte Sexarbeit Menschenhandel fördert. Im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen Menschenhandel und Sexarbeit berichtet der „The National Rapporteur on Trafficking in Human Beings and Sexual Violence against Children“: „Es ist (noch) nicht möglich eine Antwort auf die Frage zu erhalten, ob die Legalisierung von Sexarbeit zu einem Anstieg von Menschenhandel führt“.(3)(November 2013)

Eine grosse Anzahl von Aidshilfe- und Gesundheitsorganisationen warnt deutlich vor der Kriminalisierung von Sexarbeiter_Innen oder ihren Kund_Innen. Bedauerlicherweise wird der Aspekt der öffentlichen Gesundheit im Bericht von Frau Honeyball weitestgehend ignoriert. Wir zitieren die „UNAIDS Advisory Group“ im Hinblick auf HIV und Sexarbeit in ihrem Bericht 2011, begleitend zur UNAIDS Richtlinie im Hinblick auf HIV und Sexarbeit von 2009:

„Staaten sollten sich davon abwenden, Sexarbeit oder vergleichbare Tätigkeiten zu kriminalisieren. Dekriminalisierung von Sexarbeit sollte das Aufheben von Strafen für Inanspruchnahme und Angebot von Sex, das Managment von Sexarbeiter_Innen und Prostitutionsstätten und andere damit zusammenhängende Tätigkeiten beinhalten.“

Schlussendlich verurteilen wir die ideologische Voreingenommmenheit und den Mangel an wissenschaftlicher Grundlage, sowie an Beweisen im Bericht von Frau Honeyball. Ein entsprechender Brief und Gegenbericht, der von 45 Akademikern und Forschern unterzeichnet wurde, findet sich veröffentlicht auf der Internetseite des ICRSE und im Anhang. Diese Text zeigt deutlich, dass der vorgelegte Bericht weder auf schlüssigen wissenschaftlichen Quellen noch auf Beweisen basiert. Ergo sollte dieser Bericht nicht vom europäischen Parlament akzeptiert werden!

Die Position des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter und die damit geforderte Kriminalisierung der Kund_Innen von Sexarbeiter_Innen gründet sich auf einer abolitionistischen Ideologie und wird sowohl von allen europäischen Sexarbeiter_Innen-

Organisationen, als wie auch vielen Gesundheitsorganisationen, LGBT- und Frauenrechtsverbänden (inkl. Transgender Europe (4), dem Deutschen Frauenrat (5) und der International Planned Parenthood Federation – European Network) vehement abgelehnt.

Für unsere Sicherheit, Gesundheit, Respekt und Menschenrechte, wir sagen NEIN zum schwedischen Modell der Kriminalisierung von
Kund_Innen und bitten Sie:

Stimmen Sie gegen Frau Honeyball´s Bericht über sexuelle Ausbeutung und Prostitution

Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen, BesD
The International Committee on the Rights of Sex Workers in Europ – ICRSE, ein Netzwerk aus 59 Organisationen in 28 Ländern in Europa

und Zentralasien.

(1)http://polisen.se/Global/www%20och%20Int…130530.pdf

(2)http://www.thelocal.no/20120622/rip-up-p…politician

(3)http://www.dutchrapporteur.nl/current/ne…cking.aspx

(4)http://www.tgeu.org/TGEU_Statement_on_Abolitionist_Call

(5)http://www.frauenrat.de/deutsch/infopool…1b78e.html

 

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